Freitag, August 18, 2006

Letzte Runde - Zwischen Seifenblasenwelt und Großstadt

Hmm - weiß nicht so ganz, wie ich mich fühlen soll. Bin hin und her gerissen zwischen der Vorfreude, wieder daheim zu sein, bei meinen Freunden, im schönen, milden deutschen Klima und dem Gefühl, dass es hier eigentlich grad erst richtig losgeht. Mittlerweile sind wir hier ein ganz netter Freundeskreis, unternehmen viel und haben echt viel Spaß zusammen. Ist schwer, dann doch plötzlich aufbrechen zu müssen.

Die letzte Woche war einfach toll.
Nachdem ich Bine in Tokyo aufgelesen hatte, ging es in Richtung Norden. Yamagata...



Alexander wohnt dort mit Kyoko und Lysander in einem Haus am Stadtrand und hatte uns eingeladen, ein paar Tage die schöne Bergwelt um Yamagata zu genießen.

Kaum angekommen ging es gleich auf Fotojagt nach japanischen Affen, die sich leider nicht wirklich vor unserer Linse zeigen wollten. Dafür konnten wir aber ein traumhaftes Panorama vom Affenfelsen bestaunen und der Tokyo-Großstadt-Schock war schnell vergessen.


Inmitten des Waldes, den wir dabei durchstreiften, findet man überall Spuren von Mönchen, die dort früher gelebt und gebetet haben. So verstecken sich in den skuril ausgewaschenen Felswänden oft kleine Schreine und Gebetsstätten.


In dem offizielleren Teil der Wanderung befindet sich eine Bergtempelanlage. Über tausend Stufen beschreitet man, durch Steinlampen und riesige Zedern gesäumt, die wie hier oft auch für Wünsche, und Gebete genutzt werden, die mit Opfergaben verbunden sind.



Und wieder eine bezauberndes Panorama bei Abendstimmung in der friedlichen Tempelanlage.



Der nächste Tag führte uns auf den Drachenberg. Aufgrund dessen, dass dort eines der großen Skigebiete Japans liegt, ist der Kratersee, der für seine Farbspiele berühmt ist, leider sehr gut für die Stöckelschuh- und Goldkettchentouristen erschlossen. Wir haben es uns allerdings nicht nehmen lassen, wenigsten einen Teil des Weges zum Gipfel zu erwandern.



Abwärts gings dann mit der kleinen Seilbahn. Der kleine Ly war etwas müde und es drohte eh en Gewitter aufzuziehen.



Der nächste Tag: wohl eines der schönsten Erlebnisse in Japan - ein Papierfliegerwettbewerb in einer alten Schule eines Dorfes in den Bergen. Mit vielen kleinen Details und einem bezaubernden Programm wurde das ganze zu einem unvergeßlichen Erlebnis.



Jeder konnte Teilnehmen und hatte vier Versuche. Auf dem Schulhof waren die Weitenmarken aufgemalt, sowie die Lucky-Shots, für die "Kurzstreckenflieger", die bei betimmten Abturzpunkten Trostpreise erhielten. Da ich's mit dem Fliegerbasteln nicht so habe, versuchte ich ein Plastespielzeug nachzubauen, dass ich hier beim BBQ mit den Labmates geworfen hab. So eine Art Flugring... naja - einfach mal nachbauen! Hab mal versucht, meinen Bauplan und die Wurftechnik darzustellen - viel Spaß beim Ausprobiern. Fliegt ordentlich weit mit der richtigen Technik.

Wenn mein Ring nicht eine Schleife zum Wiedereintritt in den Schulhof geflogen hätte, wär ich, so wie Micha, wohl auch auf der Bestenliste gegewesen ;)

Nach dem Wettbewerb folgte noch einiges an Programm. Die sanfte Stimmung, die verspielte Einfachheit des Wettbewerbs und das ganze Ambiente - es paßte einfach...


... und dann die Kinder mit den Seifenblasen an allen Fenstern, Sonnenblumen und traumgleiche Glasharfenmusik dazu - es war wie ein Märchen.




Am Abend hatten wir noch ein Grillfest mit Freunden und Arbeitskollegen der Familie und der Tag klang satt, gemütlich und zufrieden aus.Für den nächsten Tag hatten wir uns Matsushima vorgenommen. Eine der drei großen Sehenswürdgkeiten Japans. Gepriesen von Dichtern soll der Ort, der auch mit Tempeln und Gärten aufwarten kann, die schönste Küstenlinie haben, die man hier zu sehen bekommt. Viele kleine Inseln mit den Wabi-Sabi-Strukturen, die die japanische Kultur prägen. Wirklich ein schöner Ort.





Tja, und dann ging's ans Verabschieden. Wir hatten die Gastfreundschaft von Alexander und Kyoko lange genug strapaziert und brachen nach Sendai auf, um einmal in einem traditionellen Ryokan unterzukommen. Das ist ein Hotel im alten japanischen Stil mit Tatami-böden, Papierfenstern und klassischer Bewirtung. Leider hat es sich trotzdem den modernen Einflüssen nicht ganz entziehen können und so waren die Zimmer auch mit Klimaanlage und Fernseher ausgestattet. Aber der Eindruck ist trotzdem überzeugend:

Danach hieß es, ob wir wollten oder nicht, sich wieder der Großstadt stellen. Etwas shopping und sightseeing in der Großstadt war angesagt. Also stürzten wir uns ins Getümmel. Noisepollution, Menschenmengen, Leuchtreklame - da war er wieder der Großstadtschock - aber es ist eben Tokyo. Dagegen kommt mir Nagoya mit seinen "nur" 2,3 Millionen Einwohnern, wie eine Kleinstadt vor. Aber Kaiten("Fließband")sushi und nette Cafés halten es in einem erträglichen Rahmen. Zur Beruhigung wird ja auch Vogelgezwitscher aus Lautsprechern gepielt - nicht dass man denkt, man wäre nicht mehr Teil der Natur. oder so.


Und nun geht's ans Packen, Putzen, Verabschieden, Adressen tauschen, Behördengänge, Farewellparties feiern und letzte Souveniers kaufen.... in 3 Tagen sitz ich im Flieger. Aber vielleicht komm ich ja wieder..... irgendwann.

Schöne Erinnerungen bleiben und viele Kontakte zu Freunden, die man hier so über die Zeit kennen gelernt hat. Und nicht zu letzt eine tolle Laborcrew, die mich auch herzlich aufgenommen haben.

Danke euch allen! Merci! Gracias! Obrigado! Domo arrigato gozai mashita! Thank you all for the good times!
I hope to see you again